Sicherheit im Skisport - DSV-Sicherheitsexperte Andreas König im Interview
Sicherheit im Skisport - DSV-Sicherheitsexperte Andreas König im Interview
Was können Wintersportler tun, um Unfälle zu vermeiden und verletzungsfreie Tage im Schnee zu genießen? Im Interview äußert sich DSV-Sicherheitsexperte Andreas König über Vorsichtsmaßnahmen, sicherheitsbewusstes Verhalten und die optimale Schutzausrüstung.
Immer wieder wird über die Gefahren des Skisports diskutiert. Wie gefährlich ist Skifahren wirklich?
Andreas König: "In den letzten 30 Jahren ist die Anzahl von Skiunfällen um mehr als 58 Prozent zurückgegangen. Das Sicherheitsbewusstsein in der Gesellschaft ist deutlich gestiegen. 70 bis 80 Prozent der Erwachsenen und 99 Prozent der Kinder tragen beim Skifahren einen Helm. Vor einigen Jahren waren diese Zahlen noch deutlich geringer. Darüber hinaus hat sich auch beim Material, der Pistenpräparierung und der Skitechnik einiges getan. Das Risiko für stationär zu behandelnde Skiverletzungen ist in der Saison 2016/17 im Vergleich zur Vorsaison leicht auf 1,68 von 1.000 Skisportler/innen gesunken. Zwar ist der Anteil der Kopfverletzungen in der vergangenen Saison leicht gestiegen, es muss aber darauf hingewiesen werden, dass das Tragen von Skihelmen laut wissenschaftlicher Untersuchungen weniger Einfluss auf die Anzahl, als auf die Schwere der Kopfverletzungen im Skisport hat."
Was kann ich als Wintersportler tun, um sicher Ski zu fahren und Unfälle zu vermeiden?
Andreas König: "Drei Hauptkomponenten sind ausschlaggebend für die Sicherheit im Skisport: eine körperliche Grundfitness, das eigene Verhalten am Skitag sowie die Materialkontrolle. Die eigene Fitness ist Voraussetzung, um sicher Skifahren zu können. Dazu zählen neben einem gesunden Herz-Kreislaufsystem auch ausreichend Kraft und Kondition, um die Schwünge sauber und sicher setzen zu können. Da Skifahren in der Höhe stattfindet, wirkt allein durch den geringeren Sauerstoffgehalt in der Luft schon eine außergewöhnliche Belastung auf den Körper."
Wie kann ich das Risiko durch mein eigenes Verhalten positiv beeinflussen?
Andreas König: "Bevor es überhaupt auf die Piste geht, muss ich mein Herz-Kreislaufsystem richtig in Schwung bringen. Ob das durch Aufwärmübungen oder langsames Einfahren geschieht, ist jedem selbst überlassen. Wichtig ist jedoch, für das Einfahren leichte Pisten zu wählen und zunächst mit geringer Geschwindigkeit und vielen Pausen zu fahren. Generell sollten wir uns auf der Piste immer so verhalten, dass keine anderen Skifahrer gefährdet werden und wir auch für andere keine Gefahr darstellen. Das heißt: Rücksicht auf langsamere Skisportler nehmen und nicht mitten auf der Piste, in Engstellen oder hinter Kuppen und Kurven anhalten. Diese Grundregeln finden sich auch in den FIS-Verhaltensregeln wieder, die jeder Skifahrer kennen und beachten sollte. Letztendlich ist es auch wichtig, auf die inneren Signale zu hören. Wenn etwa die Oberschenkel brennen, muss ich eine Pause einlegen oder den Skitag auch mal früher beenden."
Eine gute Sicherheitsbindung kann vor Verletzungen schützen. Worauf kommt es bei der Materialkontrolle an?
Andreas König: "Jeder Wintersportler sollte seine Ausrüstung mindestens einmal jährlich zum Sportfachhändler bringen und kontrollieren lassen. Zu einem guten Service gehört dort neben dem Wachsen und Kantenschleifen auch der obligatorische Bindungscheck. Nur eine korrekt und individuell eingestellte Bindung kann beim Sturz auslösen und vor Verletzungen schützen. Gewachste Ski lassen sich außerdem leichter drehen, das Fahren kostet somit weniger Kraft. Scharfe Kanten sorgen für einen besseren Halt auf glattem Untergrund. Das erhöht das Sicherheitsgefühl. Am besten lässt man noch vor dem Skiurlaub kontrollieren, ob Ski, Stöcke, Schuhe, Brille, Protektoren und Helm in einem einwandfreien Zustand sind."
Wie erkenne ich denn, ob mein Helm seine Schutzfunktion noch erfüllt oder möglicherweise ersetzt werden muss?
Andreas König: "Ein Helm gewährleistet, dass die Sturzenergie bei einem Aufprall auf eine möglichst große Fläche verteilt wird und nicht konzentriert auf den Kopf einwirkt. Für diesen Effekt sorgt hochwertiges Dämmmaterial in der Schale. Bei einem Sturz, bei dem hohe Kräfte auf den Helm wirken, kann sich das stoßdämpfende Dämmmaterial verformen oder sogar brechen. Wenn eine äußere Einwirkung sichtbar ist, etwa durch Risse oder Dellen, muss der Helm auf alle Fälle ausgetauscht werden. Wenn ich gestürzt und mit dem Helm aufgeprallt bin, sollte ich diesen im Sportfachhandel kontrollieren lassen, um sicher zu gehen, dass er nichts von seiner Schutzfunktion eingebüßt hat. Übrigens: Auch eine optimale Sicht ist ausschlaggebend für die Sicherheit im Skisport. Nur wenn ich optimal sehe, kann ich Situationen richtig einschätzen. Viele Unfälle passieren aufgrund von Wahrnehmungsfehlern und einer falschen Einschätzung der Situation. Eine beschädigte Brille mit Kratzern oder ein Modell, das schnell beschlägt, sollte unbedingt ersetzt werden."
Macht es Sinn, neben dem Helm auch weitere Protektoren zu tragen?
Andreas König: "Alles was schützt, macht zunächst einmal Sinn. Ich bin jedoch kein Fan vom "Wettrüsten". Jeder sollte selbst entscheiden, ob er einen Rückenprotektor tragen möchte oder nicht. Für Tiefschnee-Liebhaber, die gerne abseits der Piste unterwegs sind, ist das sicher zu empfehlen! Ebenso für Skisportler, die viel und aktiv in Funparks fahren."
Welche Rolle spielt die Auswahl des Skigebiets bei der Sicherheit?
Grundsätzlich sollte bei der Wahl des Skigebiets darauf geachtet werden, dass das Pistenangebot den eigenen skifahrerischen Fähigkeiten entspricht. Skigebiete, die die Schwierigkeit der Pisten klassifizieren (blau, rot, schwarz) und mit einem Pistenleitsystem, Pistenplänen, Panoramatafeln und Pistennummerierungen ausgestattet sind, helfen dem Skifahrer, die für ihn geeigneten Pisten zu finden. In deutschen Skigebieten ist das Prädikat "Geprüftes Skigebiet" (PGS), das seit der Saison 2009/2010 von der Stiftung Sicherheit im Skisport (SIS) verliehen wird, ein Garant für höchste Sicherheitsstandards. Wer sich für ein zertifiziertes Skigebiet entscheidet, kann darauf vertrauen, dass im Bereich der Pistenorganisation und Sicherheitsmaßnahmen alles getan wurde, um den Skitag zum Genuss werden zu lassen. Denn dieses Prädikat garantiert die Strukturen eines modernen Skigebietes und alle objektiven Voraussetzungen für sicheren Pistengenuss. Das umfasst neben dem hervorragenden Zustand der Pisten auch eine gut durchdachte Pistenführung, die Staus und Kollisionen verhindert. Um das Prädikat zu erhalten, müssen die Skigebietsbetreiber nicht nur vollumfänglich ihrer Verkehrssicherungspflicht nachkommen, sondern zudem einen Katalog weiterer, strenger Prüfkriterien erfüllen. Für deren Einhaltung sorgt permanent die DSV-Skiwacht mit ihren täglichen Kontrollfahrten.
Freeriden und Variantenfahren werden ebenso wie Skitourengehen immer beliebter. Was ist beim Fahren abseits gesicherter Pisten zu beachten?
Andreas König: "Alle, die abseits gesicherter Pisten unterwegs sind - ob Freerider, Variantenfahrer oder Ski- und Schneeschuhtourengeher - sollten vor Beginn der Tour immer den aktuellen Lawinenlagebericht studieren. Wer im Skigebiet startet und von dort aus in den freien Skiraum wechselt sollte zudem die Informationen zur Schnee- und Lawinensituation auf den Infotafeln im Skigebiet und an den Kassen beachten. Wenn die Lawinenwarnleuchte blinkt - in deutschen Skigebieten ab Lawinengefahrenstufe 3 - sollten Wintersportler die präparierten Pisten nicht mehr verlassen!"
Welche Notfallausrüstung sollten Wintersportler abseits gesicherter Pisten dabei haben?
Zur Standard-Notfallausrüstung gehören auf jeden Fall ein Lawinenverschüttetensuchgerät (LVS), eine Lawinenschaufel aus Metall und eine Lawinensonde. Aber der Umgang mit der Notfallausrüstung muss auch erlernt werden. Alle, die die gesicherten Pisten verlassen, sollten die Gefahren des winterlichen Gebirges richtig beurteilen können und für den Notfall nicht nur über die entsprechende Ausrüstung, sondern auch über die notwendigen Kenntnisse verfügen. Deswegen empfehle ich diesem Personenkreis, sich in entsprechenden Kursen intensiv mit der Funktionsweise der Notfallausrüstung und der Vermeidung von Lawinenunglücken auseinanderzusetzen. Denn die beste Strategie, um Notfälle von vorne herein zu vermeiden, ist eine sorgfältige Tourenplanung und ein verantwortungsvolles Risikomanagement.
Inwieweit ist der Abschluss einer Skiversicherung sinnvoll?
Andreas König: "Eine Skiversicherung hat viele Vorteile. So gut die skifahrerischen Fähigkeiten auch sind, ein Sturz oder Unfall ist nie ganz auszuschließen. Jeder Skifahrer sollte sich deswegen entsprechend absichern. Eine DSV-Skiversicherung kostet ab 30 Euro im Jahr. Sie deckt unter anderem Schäden an Ski und Snowboard, Diebstahl der Ausrüstung sowie den Krankentransport ab. Gerade ein Hubschraubereinsatz ist für Verunglückte mit hohen Kosten verbunden. Diese übernimmt die Krankenkasse unter Umständen nicht. Dann hilft eine Versicherung, die auch die Verletztenbergung beinhaltet. Die Kosten für die Versicherung sind auf jeden Fall gut investiertes Geld - denn eine schnelle medizinische Versorgung kann im Ernstfall entscheidend sein."
Abgesichert für den Notfall: DSV-Skiversicherung
Zu den Vorteilen der DSV-Skiversicherungen gehören auch eine Unfallversicherung inkl. Hubschrauberbergung sowie Haftpflicht-, Rechtsschutz- und Krankenversicherung. Hier finden Sie einen Überblick über alle DSV-Versicherungpakete.
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